Robert's Drehleier


Der folgende Text entstammt der HP von Kiéran-G. Foltz

Die ältesten Drehleier-Darstellungen existieren an und in Kirchen, Kapellen und Kathedralen in den Regionen von Süd-Frankreich und Nord-Spanien.

Die erste nachgewiesene Drehleier entstand etwa 850 n.Chr., also in der Romanik-Epoche. In den ersten folgenden Jahrhunderten erklangen Drehleiern ausschließlich bei kirchlicher Musik, wie an vielen heute noch bekannten Melodien erkennbar ist. Gute Beispiele sind viele der berühmten "Gregorianischen Gesänge", die von Pabst Gregor I. -- 590 - 604 n.Chr. -- gesammelt worden waren.

 

Das Wort "Leier" ist die deutsche Form des griechischen Wortes "Lyra", womit zwei sehr unterschiedliche Saiten-Instrumente bezeichnet werden -- und diese Leiern sind beide ohne "Dreh"!

(-1-) Die eine Leier ist ein Zupf-Instrument: eine Art kleiner Harfe, die meist mit dem altgriechischen Gott Apollo, dem Sänger Orpheus und (leider?) auch mit dem röm. Kaiser Nero assoziiert wird.

(-2-) Die andere Leier ist ein Streich-Instrument, zu dem mir keine spezielle Verbindung zu irgendeiner Gestalt aus Geschichte, Mythos oder Sage bekannt ist. Diese Leier wird zwischen den Knien gehalten und mit einem Bogen gespielt. Sie gilt als eine der wichtigsten Ur-Ahnen aller Arten von Fi(e)del, Vihuela, Gambe, Viola, Geige und von all deren reichhaltiger Verwandtschaft ... sowie natürlich aller Arten und Formen der Drehleier: Sie ist eine "Dreh-Lyra". Die allerdings hat noch eine Besonderheit, nämlich Tasten!

 

D i e T e c h n i k

Die Saiten einer Drehleier sind (zumindest fast) immer aus Schaf-Darm und werden von unten her mit einem Rad angestrichen, das mit einer Kurbel gedreht wird.

Das Rad ist meistens aus möglichst harten (aber auch möglichst leichtem) Laub-Holz, z.B. Ahorn -- entweder massiv oder (besser) aus hauchdünnen Fournier-Schichten --, dessen Rand die Streich-Fläche ist. Es erfüllt fast die gleiche Funktion wie ein Bogen und wird ebenfallls mit Kolophonium "griffig" gemacht.

 

Die auffälligste Besonderheit einer Drehleier gegenüber allen anderen Streich-Instrumenten sind die Tasten. Mit ihnen werden die Saiten "gegriffen". Diese Tasten "sitzen" an kleinen Leisten, auf denen sogenannte Tangenten(-Fähnchen) angebracht sind. Diese Tangenten berühren (tangieren) wie kleine Stege die Melodie-Saite, drücken sie also nicht gegen ein Griffbrett, wie bei "normalen" Instrumenten.

Übrigens war die Drehleier das erste Tasten-Instrument, das überhaupt erfunden wurde.

 

Drehleiern sind Bordun-Instrumente, wie auch Dudelsäcke, deren Tonlagen, Stimmungen sowie Bauformen ebenfalls sehr vielfältig sind. Die jeweilige Stimmung der Saiten einer Drehleier ist genau gleich wie die der entsprechenden Pfeifen eines Dudelsackes. Bei meiner Drehleier sind es die Töne "C" und "G" (die Groß-Schreibung bedeutet hier nicht die Oktav-Lage), wobei die beiden "C"-Bordun-Saiten mit dem jeweiligen Umstimm-Hebelchen auf "D" erhöht werden kann. Zudem kann man jede einzelne Saite "aushängen", so dass sie nicht mehr das Rad berührt: somit kann man auch in Tonarten spielen, zu denen nur einer der Borduns passt.

 

D e r B o r d u n

Als "Bordun" bezeichnet man alle in einer unveränderten Frequenz bleibenden Töne, die eine Melodie begleiten. Meist ist es ein Ton, sehr oft aber auch zwei im Quart- oder Quint-Abstand zueinander. Normalerweise liegt die Frequenz unter der Melodie, gelegentlich -- wenn auch selten(er) -- innerhalb der Melodie-Tonlage oder sogar darüber. Letzteres allerdings ist besonders bei Antonio Vivaldi und auch bei J.S.Bach erstaunlich oft zu hören.

Aber auch Saiten, Pfeifen und andere Ton-"Generatoren" werden "Bordun" genannt, wenn sie "nur" (oder zumindest hauptsächlich) dazu dienen, Bordun-Töne zu erzeugen.

 

Das Wort "Bordun" kann interessanterweise auf dreierlei Wurzeln zurück"verfolgt" werden, die ich hier aber lieber ohne sprach-wissenschaftliche Analysen angeben werde.

(-1-) Einfassung, Rand, Grenze -- Beispiele: (an) Bord und (englisch) Border (= Grenze)

(-2-) Tragen, Stützen -- von (griech.) barys (= schwer)

(-3-) Summen, Brummen -- von (franz.) Bourdon, (ital.) Bordone

Ein Bordun also trägt und stützt durch sein Summen die Melodie, umfasst sie, aber begrenzt zugleich auch die Auswahl der verwendbaren Tonart(en).

Text von Kiéran-G. Foltz